StadtWandel

Alles anders?

„StadtWandel – alles anders? zeigt Bilder des Jahres 2020, ein Jahr, das in die Geschichte eingehen wird.

Die Fotograf:innen dokumentierten, als Reaktion auf die Ereignisse im Jahr 2020, die Entwicklungen und Geschichten zur Corona Pandemie. Die Fotografien erzählen die aktuellen Veränderungen aus verschiedenen und persönlichen Perspektiven. Der neue Alltag, die leeren Plätze, das Tragen der Masken und die neue Art, soziale Kontakte zu pflegen – mit Abstand. Sie schildern, wie sichtbar oder unsichtbar das Virus in der Stadt und auf dem Land ist. Das Jahr 2020 wird fraglos unvergesslich bleiben und die Fotografien der Ausstellung dokumentieren dies.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog auf Deutsch und Englisch.

Die Corona-Pandemie und der Lockdown im Frühjahr 2020 ließen das Leben in den Städten weltweit erfrieren. Auch die sonst zu jeder Tages- und Nachtzeit von Menschen und Leben erfüllte deutsche Hauptstadt bot auf einmal ein schrecklich schönes Schauspiel der absoluten Leere und hinterließ ungeahnte Szenen des Nicht-Seins. Seit vielen Jahrzehnten hat kaum etwas Berlin so verändert wie das Auftauchen des unbekannten Virus. Die Stadt wirkte wie eine Kulisse ohne Darsteller, wie ein Museum ohne Besucher. Dabei erschuf die Zeit des Innehaltens einzigartige kontemplative Momente und eröffnete die Möglichkeit darüber nachzudenken: Wie wollen wir leben? Was und in welcher Art wollen wir arbeiten? Wie wollen wir miteinander und mit unserer Umwelt umgehen?

Dann kam der Sommer, der sich anfühlte, als sei das Gröbste überstanden, die Maskenpflicht und im Herbst erneut die (Teil)-Shutdowns, die bei vielen ein Gefühl von großer Erschöpfung, Hoffnungslosigkeit und Wut hervorriefen.

Ursprünglich wollten wir Reportagen zeigen über eine Hauptstadt, die sich aufgrund steigender Mieten, Verdrängung und Wohnungsnot sowohl architektonisch, als auch sozial rasant verändert. Durch Covid-19 wurde unser Arbeitstitel “Stadt im Wandel” jedoch schlagartig programmatisch und betraf die ganze Welt. Die sozialen Auswirkungen wurden durch Kurzarbeit, drohende Arbeitslosigkeit und beengte Wohnverhältnisse zunehmend existentiell.

Unsere geplanten Reportagen, in denen wir Menschen in ihren persönlichen Lebensräumen begleiten wollten, konnten wir durch die Coronamaßnahmen nicht weiterverfolgen. Also haben wir das dokumentiert, was uns alle umgab: die Pandemie und ihre teils drastischen Auswirkungen auf das private, öffentliche und berufliche Leben.

Entstanden sind Dokumentationen, die in ihren formalen Voraussetzungen selbst Teil der Pandemie sind: auf Abstand oder ganz privat, hinter Absperrgittern, mit Masken und meist an der frischen Luft.

Unsere Arbeiten zeigen Geschichten über Berliner Kinos und darüber wie existentiell gerade die Kulturlandschaft durch die Coronamaßnahmen getroffen wurde. Bilder, wie sich Berlin durch Markierungslinien, Hinweisschilder und menschenleere Plätze selbst in seiner Architektur verändert hat. Portraits von Menschen mit Masken, die so plötzlich zu unserem Alltag gehören und dadurch die Wahrnehmung unserer Gesichter unweigerlich verändern. Reportagen, die von der Unsicherheit und Einsamkeit erzählen und vom erzwungenen Rückzug ins Private. Bilder, die eindrücklich den schmerzhaften Verlust widerspiegeln, den das Fehlen sozialer Kontakte hinterlässt. Geschichten von der Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit des Virus und der Ambivalenz von Abstands- und Hygieneregeln, etwa auf dem Land. Und von sogenannten Risikogruppen, die die Möglichkeit von sozialer Ausgrenzung oder solidarischer Rücksichtnahme thematisieren. Eine Reportage über eine Familie, die in Berlin ihre neue Heimat gefunden hat und dankbar ist, in Pandemiezeiten hier zu leben und nicht im syrischen Damaskus. Und schließlich Bilder von Menschen, die ihr Leben ans offene Fenster und auf ihre Balkone verlagern, um wenigstens auf diese Weise ein soziales „Wir“ zu schaffen, inmitten eines Lockdowns und strenger Kontaktbeschränkungen.

Wir, die Reportagefotoklasse 2020 von der Fotojournalistin Ann-Christine Jansson am Photocentrum in Berlin-Kreuzberg, starteten mit über 20 Teilnehmer*innen, jedoch zeigte sich im Verlauf der Pandemie, dass nicht alle bis zum Ende durchhalten würden. Eine Reportage über etwas anzufertigen, das einen selbst betrifft und belastet, war für viele nicht einfach. Uns fehlte das Sinnliche und Haptische und hauptsächlich der persönliche Kontakt, denn seit dem ersten Lockdown fanden alle unsere Treffen, die Bildauswahl, die Kataloganfertigung und die Ausstellungsvorbereitung nur noch virtuell statt.

Reportagen